Mining-Zentrum Reich der Mitte
Das Mining ist das dezentrale Herzstück des Bitcoin-Netzwerk. Ist die Sorge wegen der Ballung von Mining-Ressourcen in China gerechtfertigt?
Ein nennenswerter Anteil des globalen Bitcoin-Mining findet in China statt. Wie berechtigt sind die Sorgen, die dortige Zentralregierung könne die Kontrolle übernehmen? Gibt es ein Interesse daran, das Bitcoin-Netzwerk zu beeinflussen oder gar zu eliminieren?
Wo findet Mining statt?
Mehr als die Hälfte der weltweiten Mining Pools operieren in China. In diesen Organisationen kollaborieren Miner beispielsweise um im rechenintensiven Proof-of-Work Verfahren Blöcke für die Bitcoin-Blockchain zu validieren. In einem Mining Pool wird die zur Verfügung stehende Rechenleistung zahlreicher Computer koordiniert, um die Chancen auf das möglichst häufige Validieren von Blocks zu erhöhen. Das Ziel ist die Maximierung der durch erfolgreiche Validierungen vereinnahmten Belohungen für eine Gruppe von Rechnern. Die Einnahmen werden dann gemäß der von den einzelnen Kollaborateure des Pools bereitgestellten, anteiligen “Hash Power” ausgezahlt. Dieses Verfahren erhöhnt die Auszahlungswahrscheinlichkeit für jeden einzelnen Teilnehmer.
Unter einem Pool ist nicht zwingend ein einzelner Ort zu verstehen. Vielmehr handelt es sich um ein dynamisches Netzwerk. Wer teilnehmen will nimmt teil so lange er will und wenn sich eine andere attraktive Gelegenheit bietet, schließt man sich einem anderen Netzwerk an. Ein einfaches Abschalten ist auf Grund der dezentralen Organisation nicht möglich.
Es gibt keine Eintritts- oder Austrittsbarrieren für die Mitarbeit in einem Mining Pool. Der Versuch, die Kontrolle über derartige virtuelle Organisationen auszuüben, ist daher kein effektiver Weg, um Bitcoin zu schaden.
“Bitcoin has the same character a fax machine had. A single fax machine is a doorstop. In a world where everyone has a fax machine it is an immensely valuable thing.”
– Larry Summers, Ehemaliger Finanzminister der USA
Es ist auf Grund der dezentralen Natur nicht einfach, die Mining Ressourcen exakt zu ermitteln. Grobe Schätzungen sehen den Anteil chinesischer Pools derzeit bei mehr als 50% der weltweiten Kapazitäten. Dieser Wert lässt sich auf Grund der anonymen und dezentralen Natur des Netzwerks sowie wegen allgemein verfügbare Mechanismen wie z.B. Virtual Private Networks (VPN) nicht seriös überprüfen. Die Verortung des überwiegenden Anteils der Mining Ressourcen in China ist sicher auch der historischen Entwicklung des Bitcoin-Netzwerks geschuldet.
Für den Standort China sprechen drei Vorteile:
- Niedrige Löhne
- Günstiger Strom
- Sehr gute Verfügbarkeit spezialisierter Mining Rechnern
Der dritte Punkt wird oft unterschätzt war aber für den Erfolg eines Miners vor allem in der Anfangszeit sehr wichtig. Die eingesetzten Rechner mussten möglichst schnell zusammengesetzt und eingesetzt werden, da die zum Mining verwendeten ASIC-Chips (Anwendungsspezifische integrierte Schaltung) Chips innerhalb weniger Monate durch neuere Versionen ersetzt werden mussten, um die Rechner konkurrenzfähig zu bleiben.
Mittlerweile sind die Verbesserungen von einer Chipserie zur nächsten zwar noch relevant aber nicht mehr so bedeutsam wie vor einigen Jahren. Damit hat die Nähe zur Produktionsanlage an Bedeutung verloren. Mittlerweile rückt der Energieverbrauch in den Fokus und es entstehen neue Rechenzentren in Kanada, die günstige Wasserkraft nutzen, und in den USA, wo beispielsweise in Staaten wie Texas, wo sehr günstiges Erdgas zur Stromerzeugung genutzt wird. Die globale Verteilung der Mining-Kapazitäten wird dadurch dezentraler.
Wie steht es mit einer politischen Einflussnahme?
Eine oft gehörte Sorge hinsichtlich einer Einflussnahe durch große Mining Pools gilt einer “51% Attacke” und der sich daraus zumindest theoretisch ergebenden Monopolisierung der Generierung von Blöcken und - noch praxiferner - der rückwirkdenden Manipulation von Transaktionen.
Um die Frage nach den Auswirkungen einer möglichen staatlichen Einmischung durch die Einspannung großer Mining Pools und den daraus resultierendem Risiken für des Bitcoin Netzwerks einschätzen zu können, sind folgende Punkte relevant.
Selbst wenn eine 51% Attacke gelänge, gelten folgende Einschränkungen:
- Man kann die Regeln des Bitcoin Protokolls nicht ändern
- Man kann die Coinbase nicht erhöhen
- Man kann nicht Bitcoin ausgeben, die man nicht besitzt
- Man kann keine ungültigen Transaktionen bzw. Blöcke erstellen
- Man kann keine Bitcoin stehlen
Was könnte jemand dann überhaupt machen? Eine Möglichkeit zur Destabilisierung des Netzwerks wäre eine Denial-of-Service Attacke durch die Erzeugung leerer Blöcke. So ließe sich das Netzwerk lahmlegen, da keine realen Transaktionen mehr verarbeitet würden. Rein technisch ist das nicht auszuschließen. Sinnvoll hingegen ist es nicht, denn diese Attacke muss dauerhaft aufrecht erhalten werden. Ein ebenso teures wie sinnloses Vergnügen.
Der Rest des Bitcoin Netzwerks würde sich dies nicht ewig anschauen und könnte selbst aktiv werden. Die ganze Aktion würde einen Angreifer, in welchem Land auch immer er sitzen mag, eine Menge Geld kosten und bestenfalls kurzfristige Auswirkungen haben. Für hohe Kursschwankungen würde so eine Aktion ausreichen, für eine Zerstörung des Netzwerks eher nicht.
Letzten Endes stellt sich die Frage nach dem Motiv des Angreifers. Warum sollten jemand angesichts der enormen Kosten so vorgehen anstatt die Ressourcen für eine profitable Mining Operation einzusetzen? Jeder gescheiterte oder nur temporäre Angriff auf das Netzwerk würde über die mittlere Frist die Stärke des Netzwerks weiter stärken. Da sich einige Staaten bereits an simplen peer-to-peer Netzwerken für den Austausch von Musikdateien die Zähne ausgebissen haben, das Mining zudem ein profitables Geschäft ist und eine digitale Währung auch vielen Regierungen Freude bereiten dürfte, ist die Gefahr einer existenzbedrohenden Attacke auf das Bitcoin-Netzwerk gering.
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